Es war der verdiente Abschluss eines tollen Wochenendes: Mit der Bronzemedaille um den Hals feierten die Handballerinnen des VfL Oldenburg am Sonntagnachmittag in der Stuttgarter Porsche Arena ein versöhnliches Ende beim Haushahn Final4. Nach der bitteren Niederlage in einem wahren Halbfinal-Krimi gegen den TuS Metzingen, zeigten die VfL-Handballerinnen am Sonntag im Bronze-Spiel eine Reaktion, die beeindruckte.

So sorgten die Oldenburger Handballerinnen, gemeinsam mit ihren Fans, wieder einmal für Furore in Stuttgart – und betrieben eindrucksvoll Werbung für das Team, den Verein, die Stadt. Es war ein Pokal-Wochenende, das in Erinnerung bleiben wird. Ein Rückblick.

Das packende Halbfinale

Lange Zeit sah es so aus, als ob der VfL Oldenburg im Duell mit dem TuS Metzingen den Kürzeren ziehen würde. Nach einem guten Start hatten sich die TUSSIES zwischenzeitlich einen Vorsprung erarbeitet, an den es kaum ein Herankommen schien – und am Ende befand sich dann plötzlich der VfL in der „Pole-Position“ auf den Finaleinzug. „Die Partie hatte drei Phasen“, analysierte Coach Niels Bötel: „Erst sind wir gut reingekommen, dann kam Metzingen besser in die Partie und hat dann souverän gespielt.“ Als sein Team die Fehlerzahl reduzierte, gelang kurz vor dem Ende nicht nur der Ausgleich – Luisa Knippert erzielte sogar die 26:25-Führung. Der Schlusspunkt war das aber noch nicht. Nach einem Metzinger Offensivfoul hatte der VfL 30 Sekunden vor dem Ende die Chance, für die Entscheidung zu sorgen. Das gelang nicht, stattdessen kam Dagmara Nocun von Außen frei zum Wurf – und sorgte mit ihrem Tor dafür, dass die Entscheidung erst im Siebenmeterwerfen fiel. „Das Spiel hat alles gehalten, was es versprochen hatte: ein harter Kampf über 60 Minuten mit zwei Mannschaften, die bis zum Ende gefightet haben“, resümierte Bötel.

Der Nervenkrimi

Frau gegen Frau mit einer Entfernung von gerade einmal sieben Metern – und das 16 Würfe lang. Im Siebenmeterwerfen wurde zwischen Oldenburg und Metzingen über den Einzug ins Endspiel entschieden. Und das war nichts für schwache Nerven. „Für mich war es das erste Siebenmeterwerfen auf diesem Niveau. So wie mir, ist es vielen gegangen“, sagte Marie Steffen: „Jeder bei uns hat gezittert und gefiebert. Das war eine echte Ausnahmesituation.“ Wie schon im Spiel wechselte das Momentum von einer Sekunde zur nächsten von einem Team zum anderen. Wie Steffen erging es auch Kapitänin Merle Carstensen. „Es wird nicht viele Spielerinnen geben, die das mitgemacht haben. Daher kann man niemanden einen Vorwurf machen“, blickte sie auch auf die vergebenen Chancen. Dem VfL habe letztlich das Quäntchen Glück gefehlt. Carstensen: „Natürlich steht man etwas mehr unter Druck, wenn man vorher ein paar Siebenmeter verworfen hat, aber alle haben sich in den Dienst der Mannschaft gestellt.“

Die Mentalität des Teams

Es spricht wohl für das Team, dass es sich nach der so bitteren Niederlage keine 24 Stunden eine Vorstellung hinlegte, die einen staunen ließ. „Wir sind einfach füreinander da“, verriet Marie Steffen: „Wir haben über einige Situationen geredet, uns gegenseitig getröstet.“ Davon berichtete auch Toni Reinemann, die am Samstagabend – gemeinsam mit ihren Teamkolleginnen – noch lange zusammensaß: „Die Niederlage gegen Metzingen war sehr schmerzhaft, daran haben wir am Abend lange geknabbert.“ Geholfen habe bei der Aufarbeitung auch der Blick auf das vergangene Jahr, als die Oldenburgerinnen sich mit einer wahren Leistungsexplosion die Bronze-Medaille geholt hatten. „Wir sind mit Volldampf und voller Motivation ins Spiel gegangen“, so Reinemann.“

Das furiose Bronze-Spiel

Keine zehn Minuten waren im Spiel um Platz drei gespielt, da dürfte sich so mancher Zuschauer in der Porsche Arena verwundert die Augen gerieben haben. 8:1 stand dort auf der Anzeigentafel – aber nicht für den favorisierten Thüringer HC sondern für einen furios aufspielenden VfL Oldenburg. Diese Führung aus der Anfangsphase legte den Grundstein für den Sieg. Denn diesen verteidigten die Huntestädterinnen, auch wenn der Thüringer HC näher heranrückte. Auch, weil Spielerinnen in die Bresche sprangen, die sonst nicht so im Fokus stehen. Lotta Röpcke führte für die angeschlagene Merle Carstensen eindrucksvoll Regie, erzielte dazu sechs Treffer. In der Offensive spielten auch Pam Korsten und Lisa Borutta eine extrem wichtige Rolle. Prunkstück war aber einmal mehr die Deckung. Gegen die aggressive wie aufopfernd kämpfende VfL-Abwehr fand der THC kaum ein Mittel. Dass Coach Bötel dabei auch auf die 5:1-Deckung zurückgriff, die gegen Bad Wildungen noch nicht optimal funktioniert hatte, entpuppte sich als Glücksgriff – genauso wie die teils Doppel-Wechsel zwischen Angriff und Abwehr. „Wir haben über 60 Minuten gezeigt, was uns ausmacht“, sagte Bötel nach der Partie: „Ich bin stolz auf mein Team, dass wir immer wieder zurückkommen.“

Die Top-Torschützin

Wie wichtig sie für den VfL Oldenburg ist, unterstreicht sie nicht nur Wochenende für Wochenende in der Bundesliga – sondern knüpfte daran auch am Pokal-Wochenende an: 19 Tore erzielte Toni Reinemann in den beiden Begegnungen und avancierte mit zwölf Treffern insbesondere im Bronze-Duell zur Matchwinnerin, die ihr auch die Auszeichnung zur „Spielerin des Spiels“ einbrachte. Während der Siegerehrung wurde Reinemann als Top-Torschützin des Haushahn Final4 ausgezeichnet. Ein Titel, den sich zwei Jahre zuvor Mannschaftskollegin Merle Carstensen gesichert hatte. Lob für ihre Leistung gab es dabei auch von gegnerischer Seite. „Tonis Leistung heute war auch ein Wink an den Bundestrainer“, sagte Herbert Müller, Trainer des Thüringer HC auf der Pressekonferenz nach dem Bronze-Spiel und outete sich als Fan von Reinemanns Spielweise: „Er sollte sich da gut überlegen, wen er nominiert“, gab Müller eine dicke Empfehlung für Reinemann in Richtung Markus Gaugisch mit auf den Weg.

Der lautstarke Fanblock

Egal ob nun beim Aufwärmen, zum Anpfiff, während eines Rückstandes, einer Führung, nach der Niederlage im Halbfinale oder dem furiosen Sieg im Spiel um Platz 3: Die Fans des VfL Oldenburg hielten zu ihrem Team – und das zu jedem Zeitpunkt in einer eindrucksvollen Lautstärke. VfL-Coach Niels Bötel hatte bereits vor dem Turnier die Unterstützung der VfL-Anhänger gelobt, ganz egal ob nun bei Heim- oder Auswärtsspielen. Dass sich wieder einmal über 200 Fans auf den Weg nach Stuttgart machten, war einmal mehr beeindruckend. „Das ist einfach großartig, so eine ,grüne Wand‘ dabei zu haben“, lobte Kreisläuferin Marie Steffen die Unterstützung: „Egal ob bei Abwehraktionen, Siebenmetern oder Toren. Man nimmt sie die ganze Zeit wahr. Das ist schon krass und sorgt für echte Gänsehaut-Atmosphäre.“ Die Fans trugen das Team insbesondere am Sonntag durch die Begegnung – inklusive Siegesfeier mit „Humba“ im Anschluss. Nicht verwunderlich also, dass Marvin Wittern auf der Rückfahrt der Fanfahrt dankende Worte an die Fans richtete: „Diese Bronzemedaille ist auch für euch!“